Professor Henry Higgins, ein eigenbrötlerischer Sprachforscher schließt mit seinem Kollegen Colonel Pickering eine Wette: In nur sechs Monaten will er aus dem prolligen Blumenmädchen Eliza Doolittle eine Lady mit korrekter Aussprache modellieren, die keiner von einer »echten« Dame zu unterscheiden vermag. Und das allein durch den perfekten Schliff ihrer Sprache! Higgins hat den Ehrgeiz, sie durch hartes Sprach- und Benimmtraining von der Unter- in die Oberschicht zu befördern. Doch das Experiment gestaltet sich komplizierter als gedacht. Ab sofort heißt es, Vokale kauen und Konsonanten spucken: Die berühmten Blüten, die nürgens so grün grünen wü ün Spünien, treiben sowohl Higgins als auch Eliza zur Weißglut. Was Higgins auf dem Weg zum Erfolg jedoch vergisst: Eliza ist kein bloßes Versuchsobjekt eines wissenschaftlichen Experiments, sondern ein Mensch mit eigenem Kopf, besonders aber: Gefühlen – mit und ohne Akzent! Es wird nicht nur ihr bisheriges Leben auf den Kopf gestellt, auch Prof. Higgins nimmt das Ganze mehr mit, als er sich eingestehen möchte. Aus einem abstrakten wissenschaftlichen Experiment entwickelt sich mehr als die verabredete Zusammenarbeit. Vorlage von »My Fair Lady« ist George Bernard Shaws Komödie »Pygmalion« von 1912, in der er romantische Aufstiegsträume und menschlichen Perfektionswahn aufs Korn nimmt. Was ein selbstloser Bildungsauftrag zu sein scheint, entpuppt sich als männliche Allmachtsphantasie. Higgins verliert das junge Mädchen und dessen Gefühle dermaßen aus den Augen, dass die Sprecherziehung für Eliza zwangsläufig auch zu einer Schule der Emanzipation wird. Wann endet die Erziehung und wo beginnt die Selbstverleugnung? Wieviel verrät Sprache über einen Menschen und dessen Herkunft? Ist der »richtige Ton« die Eintrittskarte zu einer besseren Welt? Oder verliert man mit ihm einen Teil der eigenen Identität? Shaw bezog sich in seiner beißenden Kritik an der rigiden englischen Klassengesellschaft des 19. Jahrhunderts auf den antiken Mythos des Bildhauers Pygmalion, der sich in eine von ihm selbst geschaffene Statue, seine Traumfrau, verliebt. Entstanden ist einer der größten Erfolge der Musical-Geschichte mit unvergesslichen Melodien und Evergreens wie »Es grünt so grün« oder »Ich hätt‘ getanzt heut‘ Nacht«.

Regie: Peter Staatsmann, Dramaturgie: Bettina Schültke, mit: Frank Deesz, Isabelle Groß de García, Bagdasar Khachikyan, Karoline Trübenbach, Dorin Grama, Werner Nörenberg, und Lindy-Hopp